Holz war stets ein prägender Bestandteil der Architektur und des Alltagslebens im Burgenland. In der Gemeinde Unterrabnitz wurde ein archäologisches Freilichtmuseum errichtet, das einen Blick in die historische Entwicklung des Holzbaus gewährt, der heute erneut an Bedeutung gewinnt.
Die Landschaft des Mittel- und Südburgenlandes ist von Wald geprägt. Holz war immer schon einer der wichtigsten Ressourcen in der Region. Ob für die Römer in der Eisengewinnung (Ferrum Noricum) oder im Frühmittelalter als Baustoff für Brücken, Wohnbauten oder Objekte für den täglichen Gebrauch. Holz gestaltete das Erscheinungsbild und die Lebensweise im Frühmittelalter maßgeblich und war ein unverzichtbarer Rohstoff. Heutzutage hebt vor allem der „Holzbaupreis Burgenland“ von proHolz Burgenland, die Bedeutung von Holz als vielseitigen und hochwertigen Baustoff hervor. Seit 2008 werden die herausragenden Holzbauten des Burgenlandes alle vier Jahre ausgezeichnet. Im Durschnitt gibt es 80 Einreichungen die beweisen, dass sich der geniale Rohstoff Holz bis heute, neben all den anderen hervorragenden Baustoffen, behaupten kann. Aber Holz ist mehr als ein Material, Holz ist ein Bindeglied zwischen Vergangenem und Zukünftigem, das in Architektur, Kunst und Alltag seine zeitlose Relevanz bewahrt. Der Werkstoff Holz ist ein perfektes Beispiel für die Verbindung von Moderne und Tradition. Holz ist ein Werkstoff, der seit Jahrhunderten eine zentrale Rolle in der Geschichte der Menschheit einnimmt und heute dank moderner Technik als nachhaltiger und innovativer Baustoff neu interpretiert wird.
Lebendige Geschichtsdarstellung
In der Gemeinde Unterrabnitz steht das einzige Freilichtmuseum für Frühmittelaltergeschichte (600 bis 1000 Jahre n. Chr.) in Mitteleuropa. Das Dorf ermöglicht es Besuchern, die Lebensbedingungen und den Alltag im Frühmittelalter authentisch nachzuempfinden. Die Rekonstruktionen der Gebäude zeigen die verschiedenen Bauweisen jener Zeit. Errichtet wurde das Freilichtmuseum von Dr. Wolfgang Lobisser, Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie und vom Archäologen-Team des VIAS (Vienna Institute for Archaeological Science) sowie den Mitgliedern des Vereins Freilichtmuseum Frühmittelalterdorf. Für die Bearbeitung des Holzes wurden selbst geschmiedete Werkzeuge verwendet, die dem Stand der Technik der frühmittelalterlichen Zeit entsprechen. Für die Gebäude im Freilichtmuseum wurden vor allem Eichen und Fichten verwendet, die in unmittelbarer Umgebung mit nachgebauten Werkzeugen des frühen Mittelalters gefällt wurden. Das Waldbild im Bereich des östlichen Alpenlandes dürfte sich damals nicht wesentlich von den heutigen Wäldern der Region unterschieden haben. Es handelte sich um klassische Mischwälder. Sehr häufig waren Eichen und Hainbuchen, aber es gab auch Nadelholzarten wie Kiefern, Fichten und Tannen. Für die Gebäude im Freilichtmuseum wurden vor allem Eichen und Fichten verwendet. Das Freilichtmuseum besteht aus mehreren Holzbauten, welche die unterschiedlichen Bauweisen darstellen.
Die Grundfläche des ersten Grubenhauses beträgt ca. 2,8 m x 2,8 m. Die tragende Konstruktion ist ein Holzbau auf Ständern. Die Wände bestehen aus Eichenspaltbohlen und Flechtwerk mit Lehmbewurf. Das Dach ist ein Satteldach in Sparrenkonstruktion mit Schilfbedeckung. Die Grundfläche der Hausgrube des zweiten Grubenhauses beträgt ca. 3 m x 2,8 m. Die tragende Konstruktion ist ein Holzbau auf Ständern. Das Dach ist ein Satteldach in Sparrenkonstruktion mit Schindelbedeckung. Das Gebäude ist mit einem Lehmkuppelofen von außen beheizbar. Dieser Typ Grubenhaus wurde als Weberwerkstatt verwendet. Der Wohnbau in Pfostenbauweise steht auf einer annähernd quadratischen Fläche von ca. 5,6 m x 5,5 m. Die tragende Konstruktion besteht aus Einzelpfosten. Die Wände sind aus Flechtwerk mit Lehmbewurf. Beim Dach handelt es sich um ein Vollwalldach in Rofenkonstruktion mit Schilfbedeckung. Die Grundfläche des Blockhauses beträgt ca. 5 m x 6 m. Der Holzbau wurde in Blocktechnik mit entrindeten Balken erstellt und die Wände mit Lehm abgedichtet. Beim Dach handelt es sich um ein Satteldach in Rofenkonstruktion und Schilfbedeckung. Der Lehmkuppelofen, in dem z.B. Fladenbrote gebacken werden konnten, stand meistens der ganzen Dorfgemeinschaft zur Verfügung. Das Backofenhaus ist ein Holzbau auf Pfosten mit Wänden aus Flechtwerk und einem Dach aus Eichenbrettern. Das Freilichtmuseum wird von einem 300 m langen und 2,5 m hohen Holzzaun umzäunt, der aus ungefähr 1.500 Holzpfählen besteht. Die Eichenstämme wurden gespalten, am unteren Ende angekohlt, am oberen Ende zugespitzt und in die Erde eingesetzt.
Während Holzhäuser im Frühmittelalter eine praktische und regionale Lösung für den Wohnbau waren, verbinden sie heute modernste Technologie mit ökologischer Verantwortung. Holzhäuser in moderner Bauweise sind heute ein Vorbild für nachhaltiges und innovatives Bauen und zeigen, dass traditionelle Materialien auch in der Gegenwart zukunftsfähig bleiben können.
Dieser Beitrag von Martin Stelczmayer erschien zuerst im Magazin Waldverband Aktuell