Klaus Jürgen Bauer war eine prägende Inspirationsquelle und ein geschätzter, freundschaftlicher Ratgeber für zahlreiche Institutionen im Burgenland. Auch die Holzplattform und proHolz Burgenland durften von seinem außergewöhnlichen Wissen und seiner Begeisterung für das Thema Holz profitieren. Die Gespräche mit ihm über das Potenzial des Holzbaus waren stets bereichernd und voller neuer Perspektiven. Im Anschluss an den Nachruf von Nikolaus Gartner verlinken wir unseren Film „Holzland Burgenland“, in dem Architekt Klaus Jürgen Bauer seine Sichtweise auf das Bauen mit Holz eindrucksvoll darlegt.
Ein Nachruf von Nikolaus Gartner – Architektur Raumburgenland.
Der wohl wichtigste Vermittler von Architektur und Baukultur im und aus dem Burgenland der letzten Jahrzehnte ist tot.
Er hinterlässt ein weites Spektrum an architektonischen, publizistischen und literarischen Werken. Unermüdlich kämpfte er für den Erhalt der Streckhöfe und ein qualitätsvolles Weiterbauen der Dorfstrukturen im Nordburgenland.
Klaus-Jürgen Bauer studierte Architektur an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien in der Meisterklasse Holzbauer und an der Bauhaus-Universität Weimar, promovierte 1997 und gründete anschließend sein Architekturbüro in Eisenstadt. Seit seiner Studienzeit war er in der Lehre tätig und hielt Vorträge an internationalen Universitäten.
Sein architektonisches Oeuvre umfasst private als auch öffentliche Bauten, Wohnbauten unterschiedlicher Maßstäbe, Umbauten und die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude, Innenarchitektur und Ausstellungsgestaltungen. Hauptaugenmerk seiner Arbeit war das behutsame Sanieren historischer Bausubstanz, wie zahlreiche Stadthäuser in Eisenstadt und Streckhöfe in Ostösterreich veranschaulichen. Zu seinen Bauherr:innen zählte u.a. die Stiftung Esterhazy, mit der er u.a. 2009 das Café Maskaron im Schloss Esterházy mit Künstler Peter Baldinger gestaltete. 2010 wurde er dafür mit dem Architekturpreis des Landes Burgenland ausgezeichnet. Eines seiner letzten Projekte – die Stadtvilla Eisenstadt – wurde kürzlich eröffnet.
Er wirkte in zahlreichen Fachgremien, arbeitete am 1. und 3. Baukulturreport des Bundes mit, und war als Bausachverständiger in vielen Gemeinden tätig. Seine Jurytätigkeiten waren stets bestimmt von seiner klaren architektonischen Haltung und entschieden die Wettbewerbsergebnisse wesentlich. In seiner Arbeit mit den Gemeinden versuchte er stets das Weiterschreiben der typisch burgenländischen, schmalen Dorftexturen zu vermitteln, u.a. mit der Initiierung des Wettbewerbs und der Umsetzung der Wohnbebauung in der Unteren Hauptstraße 39 in Wulkaprodersdorf – ein Beispiel einer Nachverdichtung im Ortskern, das 2010 ebenso den Architekturpreis des Landes Burgenland gewann (Architektur: polar÷).
Von 2000 bis 2006 war Klaus-Jürgen Bauer Obmann des Vereins ARCHITEKTUR RAUMBURGENLAND, danach Kurator, und bis zuletzt Ideengeber. Im Rahmen seiner Tätigkeiten in dem Architekturhaus entstanden erstmals bilaterale Kooperationen mit den ungarischen Mitstreiter:innen und wichtige Publikationen wie z.B. „Neue Architektur in Burgenland und Westungarn“ mit Otto Kapfinger.
Sein über die Jahrzehnte in Erfahrung gebrachtes Wissen über die Sanierung von Streckhöfen wurde stets geteilt und vermittelt – in Publikationen, Essays, Ausstellung, Vorträgen und mit der Initiative des „Streckhofinstituts“ unter dem Motto: „Rettet die Streckhöfe!“.
Mit dem Buch „Streckhöfe“ wird die burgenländische Hausform Kindern vermittelt, mit der Ausstellung „Die Zukunft burgenländischer Streckhäuser“ wurden Nachnutzungspotenziale der historischen Bausubstanz und eine zeitgemäße Nutzung vorgezeigt, und mit der Publikation „Zurück zur Mitte“ wurden Strategien zur Ortskernbelebung diskutiert. Seine Publikationstätigkeiten umfassten Fach- und Sachbücher, Sammlungen an Essays und eigenen Fotostrecken. Mit „Künstlerhäuser“ initiierte er eine Publikationsserie des ARCHITEKTUR RAUMBURGENLAND, im Rahmen derer u.a. die Atelierhäuser Carl Pruschas und Josef Bernhardts portraitiert wurden. Mit der Streitschrift „Entdämmt Euch!“ trat er öffentlich gegen den antiökologischen Dämmwahn der gegenwärtigen Bauwirtschaft auf.
Er verfasste Beiträge und Essays für Presse und Verlage, seit 2021 bis heute veröffentlichte er als „Fassadenleser“ wöchentlich eine Kolumne im Falter, mit der eine kontinuierliche Form der Architekturvermittlung in der breiten Öffentlichkeit – was sich in der heutigen Zeit als selten erweist – erfolgreich etabliert werden konnte. Unter jenem Synonym trat er auch auf sozialen Kanälen auf und begeisterte weitere Interessensgruppen für Baukultur.
Kürzlich wurde sein letztes Buch „Sprechende Fassaden“ veröffentlicht.
Klaus-Jürgen Bauer war eloquent, diskursiv, belesen. Er setzte Ansprüche, nahm und forderte Haltung ein. Er war gleichermaßen gesellig, enthusiastisch, positiv und lebensfroh. Arbeitsam und reflektiert bewerkstelligte er leidenschaftlich die Vielzahl seiner Unternehmungen und Projekte. Nonchalant widmete er sich Bedürftigem, Unschönem, Banalem. Provokant und leichtfüßig begegnete er Herausforderungen und Widerständen. Maßvoll und dennoch gewitzt gab er sich in seinen Worten, Texten, Analysen und Kritiken.
Der ARCHITEKTUR RAUMBURGENLAND verliert mit Klaus-Jürgen Bauer einen genialen Kollegen, Mitstreiter und Impulsgeber. Das Burgenland verliert mit ihm eine baukulturelle Autorität und Entität. Was bleibt ist seine facettenreiche Identität.
Klaus-Jürgen Bauer ist im Alter von 62 Jahren verstorben. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie. Ein Nachruf von ARCHITEKTUR RAUMBURGENLAND (Text: Nikolaus Gartner)
Film: Holzland Burgenland
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Link zum Film: Holzbaupreis Burgenland 2020
